Auswandern mit einem behindertem Kind: Unsere Erfahrungen mit Schulen in Dänemark

Es war wirklich nicht leicht, unsere Entscheidung mit unserer behinderten Tochter auszuwandern.

Sie hat das Kleefstra-Syndrom, dass mit einer starken Entwicklungsverzögerung, Gleichgewichts- und Sprachstörungen und noch mehr Sachen einher geht.

In 2018 sind wir gereist und so lange ich mehr homeschooling als ganz freies Lernen angeboten habe, hat es auch wunderbar geklappt. Unterwegs war es schwer, ihre geliebten Routinen komplett einzuhalten und ihr einen Austausch mit Gleichgesinnten zu bieten.

Als wir in 2019 in Dänemark ankamen, haben wir uns bewusst grenznah niedergelassen, um ihr eine deutsche Förderschule oder später den Besuch einer deutschen Behinderten- Werkstatt zu ermöglichen.

Zunächst sind wir mit Hjemmeundervisning gestartet. So heißt das Zuhause-lernen in Dänemark.
Wir waren bei Treffen mit anderen Familien im HU (Hjemmeundervisning) und es wurde unglaublich freundlich und selbstverständlich auf sie zugegangen: sowohl Eltern als auch Kinder als auch unsere Dame vom Tilsyn (=Überprüfungen durch die Kommune).
Trotzdem hat sie sich schwer getan, Anschluss zu finden, da sie stark geistig entwicklungsverzögert ist, einerseits dann gerne bei den Großen dabei sein wollte, aber andererseits mit deren Themen und Spielen überfordert war.

Aufgrund ihrer Sprachbehinderung hatten wir eine deutsche Förderschule und die etwas über eine Stunde Fahrt ins Auge gefasst, als wir den Tipp bekamen, uns die Kløver-Skole in Sønderborg anzuschauen. Das ist eine dänische Förderschule, ganz in der Nähe von uns.
Wir waren schon sehr verwöhnt, was die Förderschule in Münster damals anging, aber hier gefällt es ihr sogar noch besser!

Es sind 6 Kinder in ihrer Klasse und ihre beiden Lehrerinnen sprechen deutsch.
Das heißt nicht, dass mit unserer Großen durchweg deutsch gesprochen wird, sondern vor allem, dass sie nicht hilflos ist, wenn sie etwas nur auf deutsch ausdrücken kann.

Für uns war das so ein spektakulärer Glücksfall, zu dem die Lehrerin dann meinte, es sei nicht so außergewöhnlich. An der Schule sind viele deutschsprechende Lehrer und Schüler.
Unsere Große wurde wundervoll begleitet: z.B. dabei, die Sätze, die sie im Umgang mit den anderen Schülern braucht, zu lernen.
Und überhaupt bei ihren ganzen Fähigkeiten und Entwicklungen!
Wenn ich an die langen Eingewöhnungsphasen in Deutschland denke, hier ging es ganz schnell.
Es lag bestimmt auch an ihren Reiseerfahrungen, aber vor allem auch an der liebevollen Aufnahme!

Der Umgang mit uns als Eltern war ebenfalls überraschend.
Beim Kennenlern-Gespräch hatte ich Berichte von Ärzten und Therapeuten vorgelegt und wurde „ausgefragt“ und ich habe das Gespräch geführt, wie ich es aus Deutschland kannte – bezugnehmend auf das was in den Berichten steht.
Bis die Lehrerin zu mir sagte: „Das können wir alles selbst lesen. Dein Umgang in der Familie und mit deiner Tochter ist wichtig für uns. Du bist die Expertin für dein Kind und kennst sie am allerbesten!“
Zu dem Zeitpunkt war ich seit 16 Jahren Mutter und habe das zum allerersten Mal gesagt bekommen.  

Jetzt geht sie seit zwei Jahren auf die dänische Förderschule und liebt es dort. Dieses Jahr wird sie fertig mit der Schule und wechselt in eine Art Lehrwerkstatt/Wohngemeinschaft: 
Dort wird mit Praktika und Unterrichtsfächern geschaut, in welchem Bereich sie später in eine Behindertenwerkstatt gehen kann (und möchte) und in der noch einmal der Fokus auf die Entwicklung von lebenspraktischen Fertigkeiten gelegt wird.

Insgesamt zu Schulen in Dänemark (und eigentlich überall) kann ich empfehlen, dass man einen Termin vereinbart und sie sich anschaut. Meist darf man eine Probezeit vereinbaren. Und dann auf das Bauchgefühl hören.
Das Schöne hier in Dänemark ist, dass der Weg ins Lernen-zu-Hause ja zusätzlich zu den verschiedenen Schulwegen offen steht. Das nimmt unendlich viel Druck raus.

Schreib mir gerne deine Erfahrungen! ronja@raeuberkinder.net

Alles Liebe. Ronja