Muss man mit einem Muttersprachler eine Fremdsprache üben, um die Fremdsprache gut zu lernen?

Da fragte mich gerade eine Bekannte: „Hältst du das für klug, dass deine Kinder mit einer Italienerin Englisch lernen, statt einer Muttersprachlerin – wegen Akzent und so?“

Und ich musste erst mal innehalten und nachdenken.

Der Gedanke war mir nicht gekommen, als wir uns für die Englisch-Kurse von Noemi entschieden haben.
( Hier  findest du den Kurs, auf den sich die Bekannte bezieht: "The English Hive" von Noemi Bessone )

Meine Entscheidungskriterien waren:

  • die Kurs-Leiterin spricht ein sehr gutes Englisch 
  • mir sagen die Inhalte zu
  • und am wichtigsten: Meine Kinder, insbesondere mein 13jähriger Sohn, sprechen und lernen sehr gerne mit ihr

Und während ich so nachdachte, warum wir so besessen davon sind, nur von Muttersprachlern Fremdsprachen zu lernen – weil ich diesen Wunsch ja nicht zum ersten Mal gehört habe -  
fielen mir immer mehr Sachen ein...

... zum Beispiel...

... habe ich in der 9.Klasse einen Französisch- Test mit „3“ wieder bekommen, aufgrund von falsch gesetzter „accents“, diese kleinen Striche oben auf den Buchstaben. Alles andere war richtig gewesen, aber für jeden falschen gesetzten Accent wurde ein halber Fehler gezählt und so war mein Test eine „3“. Wir hatten Französisch-Austauschschüler da und die eine schaute auf mein Blatt, schnatterte ganz schnell was zu ihren Freunden auf französisch und meinte dann zu mir, bei ihnen in Frankreich, würde der Lehrer falsche Accents anstreichen, aber nicht werten. Mh...

... das Nächste, was mir einfiel, war, dass ich nach dem Abi einen irischen Kollegen hatte und viel mit ihm auf Englisch gequatscht habe. Mehr als in meiner gesamten Schulzeit. 
Als meine Freundin und ich dann in Berlin von einem Touristen nach dem Weg gefragt wurden, antwortete ich auf englisch und nach dem „Danke“ kam die Frage, ob ich Irin sei und es entstand ein super schönes freundliches Gespräch.

Wer zählt denn eigentlich im Zusammenhang  mit „eine Fremdsprache beibringen können" als "Muttersprachler"?

Ich meine, mal ehrlich: Schotten sprechen ein anderes Englisch als Texaner und Australier oder Neuseeländer – aber es sind doch alles Muttersprachler?

Ich ging diese Gedanken mit einer Freundin durch, die aus Bayern kommt. Die fing an diesem Punkt an zu lachen und meinte, ihr bayrisches Hochdeutsch wäre ja auch ganz anders als mein westfälisches Hochdeutsch. Stimmt.

Und hier in Dänemark lernen meine Kinder natürlich auch den süddänischen Dialekt, der hier „snakkt“ wird.

Warum ist das für uns also schlimm, wenn etwas nicht korrekt und nach „Muttersprache“ klingt?

Das, was ich aus der Schule mitgenommen habe – und damit sage ich nicht, dass es gelehrt wurde, nur das mein Schulkind-Ich es so gespeichert hat – „Wenn du es nicht 110%ig korrekt kannst – LASS ES!“

Ergebnis:
Angst vor Fehlern und Angst, dass man heraus hört, dass Deutsch meine Muttersprache ist und nicht die, die ich gerade benutze.

Irgendwie blöd, wenn einen das abhält, einfach in einer Fremdsprache los zu plaudern und dem Gegenüber zuzutrauen, dass er einen versteht oder nachfragt.
Und eigentlich ist der Sinn von Fremdsprachen-lernen und sprechen ja Kommunikation...?

Dabei ist meine ECHTE Lebenserfahrung mit Akzenten, dass sie zu Gesprächen führen:
Zu „Oh wo hast du die Sprache gelernt?“
und noch nie zu „Naja, hättest dir mal 'nen Muttersprachler gesucht“. (Da wäre vermutlich dann eh jede Unterhaltung beendet :D).

Heute ist für mich der Zweck vom Fremdsprachen lernen „sprechen, Austausch“. Und ich habe gerade an den ortsüblichen Besonderheiten meine Freude. 

Deshalb weiß ich auch, das „mis“ hier in Süddänemark soviel wie „Mietze, Kätzchen“ bedeutet – was google mir nicht sagen konnte.

Und deshalb freut sich mein Sohn auf die nächste Online-Englisch-Stunde mit Noemi, die einen ganz leichten, zauberhaft-italienischen Akzent hat. 


Alles Liebe. Ronja

PS: Lust auf mehr? 

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